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Die Zukunft der Regionalflughäfen

Die Zukunft der Regionalflughäfen

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Johannes Meichsner

Johannes Meichsner
Analyst Published 22 Jun 2021 Read time: 5

Published on

22 Jun 2021

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5 minutes

Um ihr Bestehen zu sichern, müssen Regionalflughäfen vorhandene Marktpotenziale nutzen und ihre volkswirtschaftliche Relevanz nachweisen

Schon vor der Coronavirus-Krise hatten die meisten Regionalflughäfen in Deutschland mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Der Flugbetrieb rechnete sich zumeist nur durch direkte und indirekte staatliche Subventionen. Da die Europäische Union inzwischen verstärkt gegen die Subventionierung vorgeht, stellt sich die Frage, wie die Zukunft der Regionalflughäfen nach der Überwindung der Pandemie aussehen kann.

Historische Entwicklungen und Pandemiefolgen

Vor allem in den 1990er- und 2000er-Jahren entstanden in Deutschland neue Regionalflughäfen, häufig auf verlassenen Militärplätzen mit Landebahn. Viele dieser Flughäfen befinden sich in strukturschwachen Gebieten und weisen eine eher schlechte Anbindung an den schienengebundenen Nah- und Fernverkehr auf. Bei ihrer Errichtung waren die Regionalflughäfen auf eine umfangreiche Anschubfinanzierung seitens öffentlicher Stellen angewiesen. Auch der Betrieb lässt sich größtenteils nur mit direkten und indirekten Subventionen aufrechterhalten. So findet beispielsweise eine Verlustübernahme durch lokale Stadtwerke statt, die in öffentlicher Hand sind.

Bereits vor der Coronavirus-Pandemie kam es immer wieder zu Insolvenzen von Regionalflughäfen, wie 2014 und 2015 beim Regionalflughafen Lübeck, oder zu enormen Kapitalengpässen und Eigentümerwechseln, wie in den 2010er-Jahren in Frankfurt-Hahn. 2020 verringerte sich dann das Passagieraufkommen an deutschen Flughäfen im Zuge der Pandemie insgesamt um rund drei Viertel im Vergleich zum Vorjahr. In der Folge musste der Regionalflughafen Paderborn/Lippstadt 2020 Insolvenz anmelden, Friedrichshafen 2021. Dass die Flughäfen während der Pandemie allgemein von einem Boom der Luftfrachtgesellschaften profitierten, genügte bei Weitem nicht, um den Rückgang im Passagiergeschäft zu kompensieren.

Geschäftsmodell von Regionalflughäfen

Die meisten Betreiber von Regionalflughäfen haben ihr Geschäftsmodell in den vergangenen Jahren von vornherein zu einem gewissen Grad an staatlichen Fördermitteln ausgerichtet. Zwar wurde vielerorts eine schwarze Null anvisiert, doch gelang es nur wenigen Regionalflughäfen, etwa Memmingen oder Weeze, dieses Ziel in manchen Jahren zu erreichen. Die Regionalflughäfen versuchen in der Regel, die Inanspruchnahme von Subventionen dadurch zu rechtfertigen, dass sich ihr Betrieb trotz operativer Verluste volkswirtschaftlich für die jeweilige Region lohnt.

Das Airlineportfolio besteht hauptsächlich aus Low-Cost-Carriern (LCCs) und Ferienfliegern wie Ryanair und Sundair. LCCs sind mittlerweile allerdings auch immer stärker an größeren Flughäfen vertreten und bilden kein Alleinstellungsmerkmal von Regionalflughäfen mehr. Von besonderer Bedeutung für die Regionalflughäfen ist der General-Aviation-Bereich. Dieser umfasst nach der gängigsten Definition Privat- und Sportflieger. Abgerundet wird das Portfolio in einigen Fällen durch Zubringerverbindungen zu Drehkreuzflughäfen, die von etablierten Passagierairlines wie der Lufthansa angeboten werden.

Neben den Einnahmen aus Gebühren von Airlines und General-Aviation-Kunden, die pro vergleichbarem Kunden zumeist deutlich geringer ausfallen als an größeren Flughäfen, gewinnt das Non-Aviation-Geschäft immer mehr an Bedeutung. Dazu gehören die Vermietung von Ladenflächen und Parkplätzen, der Betrieb von Restaurants und Shops oder auch die Energiegewinnung mittels Photovoltaikanlagen. Bestimmte Angebote, zum Beispiel aus der Hotellerie, sind für Regionalflughäfen aufgrund der dort im Schnitt kürzeren Verweildauer zwar schwieriger umzusetzen als für Großflughäfen, doch erwirtschaften Erstere wegen der vergleichsweise niedrigen Airlinegebühren trotzdem oftmals einen höheren Umsatzanteil im Non-Aviation-Bereich als Letztere.

Aktuelle Herausforderungen

Da die Europäische Kommission die Coronavirus-Pandemie als ein außergewöhnliches Ereignis anerkannt hat, besteht für staatliche Stellen auch rückwirkend die Möglichkeit, insbesondere für pandemiebedingte Schäden aus der ersten Hälfte des Jahres 2020 Ausgleichszahlungen zu leisten. Abseits der Pandemie sieht die Europäische Union Subventionen für Flughäfen jedoch sehr kritisch und hat schon 2014 im Zuge der Festlegung von Beihilferichtlinien beschlossen, solche Zuwendungen ab 2024 größtenteils zu untersagen. Die verschärften Regeln werden vor allem Regionalflughäfen wirtschaftlich treffen. Allerdings wurde eine erste Verschärfung 2019 ausgesetzt, und IBISWorld erwartet, dass es wegen der Pandemie auch in Bezug auf das Stichjahr 2024 zu Verschiebungen kommen wird oder dass die Vorgaben abgeschwächt werden.

Das vor dem Hintergrund des Klimawandels stetig zunehmende Umweltbewusstsein der Gesellschaft und der Umstand, dass sich die Verkehrszentren aufgrund des steigenden Urbanisierungsgrades immer mehr in die Ballungszentren verschieben, tragen ebenfalls dazu bei, dass die Subventionierung von Regionalflughäfen vermehrt auf Kritik stößt. Ordnungspolitiker betrachten Subventionen ohnehin mit Skepsis, insbesondere in strukturschwachen ländlichen Gegenden, wo sie möglicherweise nur eine geringe Wirkung entfalten.

Trends

Dass der Luft- und Raumfahrzeugbauer Airbus die Produktion des auf Drehkreuze ausgelegten Großraumflugzeugs A380 bald einstellen wird, während für die Langstrecke überarbeitete Mittelstreckenflugzeuge wie der Airbus A321LR über eine immer größere Reichweite verfügen, ist ein Indikator dafür, dass Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gegenüber Umsteigeverbindungen an Bedeutung gewinnen. Mit zusätzlichen Tanks ausgestattete Mittelstreckenflugzeuge können mittlerweile etwa von Deutschland aus direkt die Ostküste der USA erreichen, wodurch sich Regionalflughäfen in naher Zukunft ein neuer Markt eröffnen dürfte.

Schon jetzt profitieren Regionalflughäfen von einem zunehmenden Trend zum sogenannten ethnischen Verkehr, der beispielsweise Flüge deutscher Passagiere mit türkischem Migrationshintergrund nach Zentralanatolien und zurück umfasst. Im ethnischen Verkehr kommen Regionalflughäfen auf höhere Marktanteile als in anderen Bereichen der Passagierluftfahrt. Ohnehin wird sich der Verkehr in Richtung Türkei voraussichtlich intensivieren, da 2019 in Istanbul ein neuer Großflughafen eröffnet wurde, der Turkish Airlines zu erheblich mehr Kapazitäten verholfen und am kleineren Istanbul Sabiha Gökçen International Airport zusätzlichen Raum für die dort beheimatete Pegasus Airlines geschaffen hat. Diese Fluggesellschaften dürften sich, obgleich sie stark auf das Drehkreuzkonzept setzen, bald deutlich stärker als bisher an deutschen Regionalflughäfen engagieren. Sowohl zwischen den USA und Deutschland als auch zwischen Deutschland und der Türkei können Flugverbindungen nahezu unbeschränkt durch dort beheimatete Airlines ausgebaut werden, da dies keinen geltenden Luftfahrtabkommen widerspricht.

Fazit

Für die Betreiber von Regionalflughäfen ist es von großer Bedeutung, ihre Daseinsberechtigung klar herauszustellen. Nur so lassen sich mögliche Subventionen rechtfertigen, die – wenngleich in geringerem Umfang – mit hoher Wahrscheinlichkeit auch über 2024 hinaus erlaubt bleiben werden. In diesem Zusammenhang gilt es, die Kosten durch Prozessverbesserungen zu senken und durch weitere Non-Aviation-Angebote für Kunden attraktiver zu werden, aber auch neue Potenziale bei den Flugverbindungen auszuschöpfen und sich gegebenenfalls verstärkt im Luftfrachtbereich zu engagieren. Dennoch dürften in den kommenden Jahren einige unrentable Regionalflughäfen geschlossen werden.

In diesem Bericht erwähnte Branchen:

C30.30DE - Luft- und Raumfahrzeugbau

H49.10DE - Personenbeförderung im Eisenbahnfernverkehr

H49.31DE - Personenbeförderung im Nahverkehr

H51.10DE - Personenbeförderung in der Luftfahrt

H51.21DE - Güterbeförderung in der Luftfahrt

H52.23DE - Flughäfen

I55.10DE - Hotels, Gasthöfe und Pensionen

In diesem Bericht erwähnte Einflussfaktoren:

IBISWorld Einflussfaktoranalyse Umweltbewusstsein

IBISWorld Einflussfaktoranalyse Urbanisierungsgrad

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