Key Takeaways
- VC-Fonds unterstützen Start-ups nicht nur mit Kapital, sondern bereichern diese durch tiefgehendes Branchenwissen sowie Zugang zu exklusiven Netzwerken. Dadurch profitieren junge Unternehmen von einem beschleunigten Markteintritt, erfolgreichen Internationalisierungsstrategien und einer erleichterten Akquise weiterer Kapitalgeber oder strategischer Kunden.
- Im Gegenzug für Venture-Capital müssen Gründer einen Teil ihrer unternehmerischen Kontrolle abgeben, ihre Entscheidungen eng mit Investoren abstimmen und ein hohes Maß an Wachstumsorientierung zeigen. Die Erwartungen der VC-Fonds können erhebliche unternehmerische sowie persönliche Belastungen für die Gründer nach sich ziehen.
- Eine erfolgreiche Partnerschaft mit Venture-Capital-Fonds setzt einen belastbaren und realistischen Businessplan sowie durchgängige Transparenz in der Kommunikation voraus. Ebenso ist die bewusste, strategische Auswahl des VC-Partners anhand gemeinsamer Werte und Ziele erfolgsentscheidend.
- Die Erfolgsgeschichten von Celonis, BioNTech und FlixBus verdeutlichen, wie gezielte VC-Investitionen und starke Netzwerke deutsche Start-ups zu globalen Marktführern machen. Sie stehen exemplarisch für die transformative Kraft von Venture-Capital.
Innovative Geschäftsideen sind das Herzstück vieler Start-ups. Doch im internationalen Wettbewerb reicht Verve und Kreativität allein nicht aus. Junge Unternehmen benötigen Kapital, Know-how und Zugang zu Netzwerken, um sich am Markt zu behaupten und zu wachsen. Während Venture-Capital (VC) in den USA seit Jahrzehnten eine wichtige Finanzierungsquelle für Technologieunternehmen darstellt, hat sich der deutsche VC-Markt erst in den letzten zehn bis zwölf Jahren etabliert.
Was ist Venture-Capital?
Venture-Capital ist eine Form der Eigenkapitalfinanzierung, bei der spezialisierte Investoren – sogenannte VC-Fonds – in junge, wachstumsorientierte Unternehmen investieren. Die Zielgruppe sind in erster Linie Start-ups aus den Bereichen Forschung, Technologie oder Digitalwirtschaft, deren Geschäftsmodell über ein überdurchschnittliches Skalierungspotenzial verfügt. Die Investments erfolgen typischerweise in mehreren Runden, von der frühen Entwicklungsphase (Seed) über die erste Wachstumsfinanzierung (Series A) bis hin zur Expansionsphase.
Im Gegensatz zur Bankfinanzierung werden von VC-Investoren keine klassischen Sicherheiten verlangt. Ihr Geschäftsmodell basiert vielmehr auf der Erwartung, dass nur ein Teil der Beteiligungen einen sehr hohen Wertzuwachs erzielt und auf diese Weise die Risiken und Verluste aus anderen Investments überkompensiert. Neben Kapital bieten VC-Gesellschaften häufig auch weitergehenden Support: Sie bringen strategisches Know-how, Branchenkontakte und operative Unterstützung in das Unternehmen ein.
Die Rolle von Venture-Capital-Fonds in der Start-up-Förderung
VC-Fonds nehmen eine zentrale Rolle im Innovationsökosystem ein. Sie filtern vielversprechende Unternehmen, evaluieren systematisch Geschäftsmodelle und Gründerteams und begleiten die ausgewählten Start-ups meist über Jahre hinweg als strategische Partner. Neben der Finanzierung bringen viele Fonds in Deutschland ihre Branchenkenntnisse und ihr Netzwerk aktiv in die Wertschöpfung ein – häufig nehmen sie auch im Beirat oder Aufsichtsrat Platz und übernehmen Verantwortung bei Schlüsselentscheidungen.
Während deutsche VC-Fonds ihre Portfoliounternehmen häufig über längere Zeiträume begleiten und gezielt mit operativer Unterstützung fördern, zeigen VC-Investoren in den USA eine höhere Risikobereitschaft und investieren parallel in eine größere Anzahl von Start-ups. Ihr Ziel ist es, dass sich einzelne dieser Unternehmen zum sogenannten „Unicorn“ mit Milliardenbewertung entwickeln. Im Unterschied dazu legen deutsche VC-Fonds mehr Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Gründerteams und fokussieren sich auf ein nachhaltiges, solides Wachstum der Beteiligungen.
Vorteile der VC-Finanzierung für deutsche Start-ups
Venture-Capital bietet jungen Unternehmen erhebliche Vorteile:
Erstens verschaffen VC-Fonds Zugang zu relevantem Wachstumskapital, das Investitionen in Produktentwicklung, Markteintritt und Skalierung ermöglicht – entscheidend in kapitalintensiven Bereichen wie Software, Biotechnologie, Pharma und Mobilität.
Zweitens profitieren Start-ups von der Expertise und dem Netzwerk der Investoren. VC-Fonds stellen erfahrene Branchenexperten, Vertriebsunterstützung und Netzwerke zur Verfügung, was insbesondere beim Aufbau von Vertriebskanälen, internationalen Markteintritten oder der Rekrutierung von Führungskräften den Ausschlag geben kann.
Drittens wirkt ein VC-Investment als Qualitätssiegel („Signaling-Effekt“), das es erleichtert, weitere Investoren zu gewinnen, strategische Partnerschaften einzugehen oder Zugang zu neuen Kunden zu erhalten.
Anders als in den USA, wo Start-ups oft schon in einer sehr frühen Phase Finanzmittel in Höhe von mehreren zehn Millionen Dollar beschaffen, sind die Finanzierungsrunden in Deutschland kleiner – aber der Zugang zu Fachwissen und Netzwerken bietet ein Ausgleichspotenzial und wird von vielen Gründern als ebenso wertvoll angesehen.
Herausforderungen und Risiken der VC-Finanzierung
Trotz aller Vorteile ist Venture-Capital kein Selbstläufer und mit unterschiedlichen Herausforderungen verbunden: Der Verlust der Kontrolle über das Unternehmen ist ein zentraler Punkt: Durch die Annahme von Investitionen aus VC-Fonds geben Gründer einen Teil ihrer Entscheidungsgewalt ab und müssen strategische Entscheidungen eng mit den Investoren abstimmen.
Ein weiterer Punkt ist der hohe Druck, zu wachsen und Renditen zu erzielen. VC-Investoren wollen oft innerhalb von fünf bis sieben Jahren den Wert ihrer Investition deutlich steigern, was ehrgeizige Wachstumspläne, Internationalisierung und schnelle Produktentwicklung auf operativer Ebene erfordert. Nicht alle Organisationen sind für dieses Tempo ausgelegt, was zu Überlastung und Fehlentscheidungen führen kann.
Insbesondere wenn internationale (beispielsweise US-amerikanische) Investoren und deutsche Start-up-Teams zusammenkommen, können kulturelle und kommunikative Herausforderungen auftreten, da die Herangehensweisen an Misserfolge, die Risikobereitschaft, die Transparenz und die Entscheidungsprozesse erheblich voneinander abweichen können.
Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Start-ups und VC-Fonds sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Eine professionelle und realistische Vorbereitung der Investition – insbesondere ein aussagekräftiger Businessplan mit validen Annahmen und marktgerechten Zahlen – schafft Vertrauen und minimiert spätere Konflikte. Transparenz und eine offene Kommunikation mit den Investoren sind unerlässlich, um Erwartungen zu steuern, Probleme frühzeitig anzusprechen und einen konstruktiven Dialog zu gewährleisten.
Ein gemeinsames Verständnis der Unternehmensziele, realistische Zeitrahmen und die Flexibilität, das Geschäftsmodell an Marktbedingungen oder Feedback anzupassen, sind ebenfalls grundlegend für eine erfolgreiche Partnerschaft. Die Wahl des richtigen VC-Partners ist von strategischer Bedeutung. Erfahrung, Branchenkenntnisse und ein Verständnis für Werte sollten mit dem eigenen Unternehmen und den Wachstumszielen im Einklang stehen. Gründer sollten sich nicht allein von der Höhe der Investition leiten lassen.
Fallstudien erfolgreicher Start-ups mit VC-Unterstützung
Ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirksamkeit von VC in Deutschland ist Celonis, ein Unternehmen für Prozess-Mining-Software mit Sitz in München. Im Jahr 2016 sammelte Celonis in einer Serie-A-Finanzierungsrunde 27,5 Millionen US-Dollar von Accel und 83North ein, gefolgt von weiteren 50 Millionen US-Dollar im Jahr 2018. Im Jahr 2021 gelang dem Unternehmen mit einer Serie-D-Finanzierung von über 1 Milliarde US-Dollar unter anderem von Durable Capital Partners der weltweite Durchbruch.
Dank der frühzeitigen und kontinuierlichen Unterstützung durch VC konnte Celonis von einem Studentenprojekt zu einem globalen Marktführer wachsen. In der letzten Finanzierungsrunde im Sommer 2022 wurde Celonis mit 13 Milliarden US-Dollar bewertet. Celonis ist Deutschlands einziges Decacorn, also ein Start-up mit einem Wert von mehr als zehn Milliarden Euro.
Ein weiteres Beispiel ist das Biotechnologieunternehmen BioNTech mit Sitz in Mainz. BioNTech erhielt ab 2008 erhebliche Startfinanzierungen, insbesondere von der Familie Strüngmann. In einer Serie-A-Finanzierungsrunde im Jahr 2018 sammelte das Unternehmen 270 Millionen US-Dollar ein.
Diese Runde wurde von der Redmile Group angeführt, unter Beteiligung von Fidelity, Janus Henderson, Invus, mehreren europäischen Family-Offices und erneut der Familie Strüngmann. Die Mittel wurden zur Weiterentwicklung der klinischen Pipeline verwendet, insbesondere im Bereich personalisierter Immuntherapien wie mRNA- und CAR-T-Zelltherapien. Diese Investitionen trugen maßgeblich zur anschließenden Skalierung und zum weltweiten Erfolg bei, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen.
Ein weiteres Beispiel ist FlixBus, das Münchner Mobilitätsunternehmen, das Fernbusreisen in Europa und den Vereinigten Staaten anbietet. Im Jahr 2013 erhielt es unter anderem von Acton Capital rund 1,5 Millionen Euro Startkapital. Im Jahr 2021 hat die Muttergesellschaft FlixMobility 650 Millionen US-Dollar von Investoren wie General Atlantic, Silver Lake, Permira und BlackRock zur Finanzierung ihrer internationalen Expansion aufgenommen, wodurch sich ihr Wert auf rund 3 Milliarden US-Dollar erhöhte.
Final Word
Venture-Capital wird für deutsche Start-ups zunehmend zu einem wichtigen Motor für Wachstum und Internationalisierung. Die Kombination aus Kapital, Know-how und Netzwerken kann entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen – aber auch Kontrollverlust, hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit und potenzielle kulturelle Herausforderungen. Die Unternehmensgeschichten von Celonis, BioNTech und Flixbus zeigen, dass diejenigen, die sich gut vorbereiten, den richtigen Investor wählen und die Zusammenarbeit aktiv gestalten, von Deutschland aus globale Märkte erobern können.